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Vor 500 Jahren: Bittbrief der Gemeinde Rabenstein an Abt Hilarius

Dr. Wolfgang Uhlmann
16. Mai 2025

„Als Adam grub und Eva spann – wo war da der Edelmann?“ Mit dieser Frage auf den Lippen zogen vor 500 Jahren in vielen deutschen Ländern die Haufen der Bauern in den Kampf gegen die Landsknechtsheere der Edelleute.

Die älteste erhaltene Zeichnung der Burg Rabenstein von Adrian Zingg (um 1770)

Die Ursachen für die Auseinandersetzungen reichen weit zurück und sind u. a. auch im Aufkommen der Geldwirtschaft in Deutschland begründet. Der Adel wollte ökonomisch hinter dem Bürgertum nicht zurückstehen. Seine wichtigsten Einkünfte bezog er aus der Landwirtschaft und von den von ihm abhängigen Bauern. Diese sollten den Lebensunterhalt der Herren und ihrer Diener bestreiten. Das war nur möglich, indem den Bauern umfangreiche und immer wieder neue Verpflichtungen auferlegt wurden: Abgabe eines Zehntels der Ernte, Hand- und Spanndienste auf den Feldern der Herren, Besthaupt und Beststück, d.h. beim Tod des Bauern musste das beste Stück Vieh und beim Tod der Bäuerin das beste Stück Stoff dem Herren übergeben werden. Für das ehemalige Gemeineigentum Wald, Wasser, Weide, entzog der Adel den Bauern das Nutzungsrecht.

In unserem Raum kam es nicht zu bewaffneten Auseinandersetzungen, aber völlig ruhig war es nicht. Davon zeugt ein Brief, den 1525 der Dorfrichter, die Schöffen und die Gemeinde Rabenstein an den Abt Hilarius des Chemnitzer Benediktinerklosters richtete, gehörte doch Rabenstein zum Besitz des Klosters.

Abt Hilarius

„Wie wir armen leute uns allein mit den vornehmen und worten, als wollen wir vor einen man stehen, auf Thomas Engken unziemliche worte, die er widder E. G. (Eure Gnaden) scheffer und one unser geheisse unde willen vorschinner zeit gerecht, in Gegenwart Ernst von Schönbergs gegen Herzog unverstendlichern aus lauter Einhelligkeit übergriffen und begeben haben, sind wir in Herzogs Georgs Strafe gefallen. Die hälfte 2 1/2 fl., wird jetzt gefordert. Angesichts unserer großen Armut bitten wir dafür zusorgen, daß die Strafe ermäßigt oder eine geraume Frist gesetzt wird.“

Das altertümliche und etwas unbeholfene Deutsch der Bauern ist nicht ganz einfach zu verstehen. Offenbar hatte der Schäfer Thomas Engken sich auf „unziemliche“ Weise über den Abt geäußert, wofür die gesamte Rabensteiner Gemeinde mit einer Geldstrafe belegt worden war. Nun versuchte die Gemeinde im vorliegenden Brief diese Kollektivstrafe abzumildern oder zumindest die Frist zur Bezahlung zu verlängern. Der Brief deutet bei aller gebotenen Ehrerbietung an, dass die Bauern die Strafe als ungerecht und willkürlich empfanden. Er ist ein charakteristisches Beispiel dafür, welche Auseinandersetzungen zwischen Oberschicht und „einfachen Leuten“ dem Bauernkrieg vorausgingen. Nur selten wurden solche Streitigkeiten schriftlich niedergelegt. Es konnte leider auch keine Quelle erschlossen werden, ob den Rabensteinern mit dieser Bitte Erfolg beschieden war.

Der Chronist Lehmann schrieb, dass an der Entscheidungsschlacht am 15. Mai 1525 bei Frankenhausen auch Chemnitzer beteiligt waren: „Von Chemnitz zogen 200 Mann mit gen Frankenhausen, die alle gesund wieder heimkamen, bis auf zwei, welche ein Adliger erstochen hatte“.