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Die kursächsischen Postmeilensäulen der Stadt Chemnitz

Rolf Schmalfuß
23. April 2025

Eine Würdigung zu ihrem dreihundertjährigen Jubiläum.

August der Starke (*1670 † 1733), König von Polen und Kurfürst von Sachsen, erließ 1721 die Verordnung „Dass auf den Land- und Poststraßen, an Stelle der hölzernen, steinerne Säulen aufgesetzt werden sollen, und wie damit zu verfahren sei…“ und das Mandat „Die Setzung der steinernen Säulen auf den Landstraßen betreffend“. Bereits im folgenden Jahr wurden die ersten dieser barocken Verkehrsdenkmale aufgestellt.

Zeichnung der kursächsischen Postmeilensäulen zur Handhabung für die Handwerker in barocker Zeit

Chemnitz wurde mit der Errichtung von vier großen Distanzsäulen an den Stadttoren und und der Setzung weiterer Straßensäulen beauftragt. Die prunkvollen Torsäulen wurden 1725 errichtet. Eine dieser Säulen stand vor dem Nicolaitor (heute am Falkeplatz), wovon noch ein Gemälde aus späterer Zeit zeugt.

Eine weitere Torsäule befand sich am „Alten Stadttor/Chemnitzer Tor“, auf die der damalige Stadtrat zunächst zu verzichten versuchte, sich aber beim Landesfürsten nicht durchsetzen konnte. Eine weitere Distanzsäule stand vor dem Johannistor in der Nähe der Johanniskirche und zeigte die Post- und Handelswege nach Freiberg – Dresden und nach Zschopau – Prag an. Die vierte Säule stand weit vor dem Klostertor an der historischen Gabelung der Poststraße nach Leipzig und der Nebenstraße nach Rochlitz.

Bei den Distanzsäulen handelte es sich um 4,50 m hohe barocke Kunstwerke, die nach einem einheitlichen Aufbauprinzip gefertigt wurden. Ein quadratischer Postament bildet die Basis, darauf ein Inschriftenblock, der den Verlauf und die Entfernungen zu den einzelnen Orten aufnahm. Darüber ein Wappenstück mit dem kursächsischen und dem polnisch-litauischen Wappen, die Königskrone über dem roten Kurhut und darunter die Initialen AR für augustus rex – König August. Über den Wappenpaaren schließt die Säulenspitze das Ensemble ab.

Altes Gemälde, das die Abzweigung der Zwickauer Poststraße und Stollberger Poststraße mit der Postmeilensäule zeigt

In Freiberg und Löbau sind heute noch je drei, in Geithain und Rochlitz je zwei dieser großen Distanzsäulen zu sehen. Andernorts schmückt noch zumindest eine dieser Säulen das Stadtbild. Immer wieder werden kursächsische Postmeilensäulen aufwendig restauriert oder nachgebildet. Heute zählen wir im gesamten Sammlungsgebiet 265 kursächsische Postmeilensäulen, davon allein 115 große Distanzsäulen. Leider besitzen die Großstädte Chemnitz und Leipzig (ehemals 5 Torsäulen) keine dieser Denkmäler mehr.

Neben den Stadtsäulen wurden an den Post- und Handelsstraßen auch Straßensäulen errichtet. Ihr Aufstellungsprinzip leitet sich aus dem damaligen Entfernungsmaß ab. Eine kursächsische Meile betrug nach heutigem Maß 9.062 Meter. Die halbe Meile, auch „Stunde“ genannt, also 4.531 Meter. Die Distanzangaben an den Pfeilern sind fast immer in „Stunden“ angegeben.

Von Chemnitz führten die Poststraßen auf den Hauptrouten nach Leipzig – Halle (durch das Klostertor), nach Freiberg – Dresden und Zschopau – Prag (durch das Johannistor), nach Stollberg – Aue und Zwickau – Plauen (durch das Nicolaitor) und nach Annaberg – Chomutov (durch das Chemnitzer Tor). An diesen Poststraßen befanden sich nahezu durchgängig alle anderen Arten von Postsäulen.

Aktuell sind nur noch wenige davon erhalten. In Klaffenbach (seit 1997 zu Chemnitz eingemeindet) steht ein Viertelmeilenstein an der Hauptstraße. Er gehört jedoch in die Nähe der Bergschänke an der heutigen B95. In Schlosschemnitz Abzweig Bergstraße von der Hartmannstraße finden wir ebenfalls einen Viertelmeilenstein, der jedoch auch nicht dorthin gehört. Er stand ursprünglich in der Nähe des Eisstadions an der Leipziger Straße. In Röhrsdorf (1999 nach Chemnitz eingemeindet) finden wir eine Ganzmeilensäule an der Kreuzung Leipziger Straße/Wildparkstraße und einen Viertelmeilenstein an der Bushaltestelle Wasserschänke an der Leipziger Straße.

Aus historischen Kartenwerken lassen sich noch einige weitere Postmeilensäulen identifizieren. Im Trenckmann‘schen Weichbild von Chemnitz von 1761 ist an der Poststraße nach Stollberg ein Viertelmeilenstein eingezeichnet, der heute am Goetheplatz stehen müsste. In den sächsischen Meilenblättern sind weitere Meilensteine im heutigen Stadtgebiet und in der Umgebung verzeichnet.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Chemnitzer Distanzsäulen und die meisten weiteren Postmeilensäulen wegen der sich vollziehenden Stadterweiterung, des Abbruchs der Stadtbefestigung, des geänderten Maßsystems und des Aufbaues eines Nachfolgesystems von Meilensteinen abgebrochen worden.

Ganzmeilenstein Röhrsdorf an der Leipziger Straße

Gegenwärtig bemüht sich die Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen e.V. gemeinsam mit dem Chemnitzer Geschichtsverein 1990 e.V. um die Wiederaufstellung einer kursächsischen Distanzsäule für Chemnitz aus Anlass des 300-jährigen Bestehens dieser Säulen in der Stadt. Dieses Verkehrsdenkmal soll in der Nähe der Johanniskirche aufgestellt werden und das historische Stadtbild wirkungsvoll ergänzen.

Die Forschungsgruppe Kursächsische Postmeilensäulen e.V. wurde 1964 in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) aus einer Initiativgruppe des Kulturbundes der DDR, Sektion Philatelie, gegründet und ist seitdem auf drei historisch bezogenen Arbeitsfeldern tätig. Das sind erstens die Kursächsischen Postmeilensäulen, zweitens die Nachfolger dieses Verkehrsleitsystems: die königlich sächsischen Meilensteine mit weiteren 362 existierenden Sachzeugen und drittens die auf einer königlichen Verordnung von 1820 beruhenden steinernen historischen Wegesäulen, von denen es im Freistaat Sachsen noch weit über tausend gibt. Die kleine Gemeinschaft der Mitglieder arbeitet an der Bewahrung der Denkmale, erforscht sie und beschäftigt sich intensiv mit den Quellenbelegen. In jüngster Zeit hat die Gruppe auf ihrer Internetpräsentation www.postmeilensaeulen.de ein digitales Archiv aller Sachzeugen aufgebaut und ermöglicht damit der Öffentlichkeit einen umfassenden Zugang zu den vielfältigen Informationen über diesen Teil der sächsischen Verkehrsgeschichte.

(Alle Bilder aus der Sammlung des Autors Rolf Schmalfuß, Klaffenbach)

Spenden zur Wiedererrichtung der Postmeilensäule erbitten wir auf das Konto des Chemnitzer Geschichtsvereins:

IBAN: DE32 87050000 3504000200

BIC: CHEKDEXXX

Verwendungszweck: Spende Postmeilensäule

Wir danken vorab für die Unterstützung. Für eine Spendenquittung wenden sie sich bitte an die Geschäftsstelle bzw. nutzen Sie unser Kontaktformular.