Hermann Theodor Böhme – Begründer der Böhme Fettchemie
von Dr. Ivonne Reichmann
Hermann Theodor Böhme (H. Th. Böhme) kam 1851 in Wehrsdorf in der Oberlausitz zur Welt. Er hatte noch einen Bruder Adolf Theodor (A. Th. Böhme) und eine Schwester Marie Pauline. Sein Vater war der Bäcker, Krämer und Kleinbauer Karl Gottlieb Immanuel Böhme (1822–1870). Der Großvater Johann Christoph Böhme (1793–1828) war ebenfalls Kleinbauer und zudem Leinwandhändler gewesen.[1] Sein Onkel Johann Gottlob Böhme hatte die erste Textilmanufaktur im Ort gegründet.[2] Auch wenn H. Th. Böhme nicht direkt in der Textilbranche aufwuchs, so hat er sicher einige Erfahrungen bei seinem Onkel und später bei seinen Cousins sammeln können. Er kam mit dem beginnenden Prozess des wirtschaftlichen Aufstiegs in Kontakt und konnte sehen, welche Probleme es bei der Herstellung von Stoffen gab und wie man diesen entgegenwirken konnte.
Ende der 1870er Jahre zogen die Brüder H. Th. Böhme und A. Th. Böhme nach Chemnitz. Während ersterer als Kaufmann und Prokurist bei der Firma Büttner tätig war, gründete letzterer ein chemisch-technisches Laboratorium. Beide wollten eine gemeinsame chemische Fabrik aufbauen. Dazu kam es aus unbekannten Gründen jedoch nicht.[3]
1881 gründete H. Th. Böhme die Drogen-, Farben und technische Produktehandlung H. Th. Böhme am Neumarkt 7 in Chemnitz. Das Geschäft befand sich direkt in der Innenstadt zwischen Rotem Turm und dem Rathaus und somit in bester innerstädtischer Lage.
Auf Geschäftsreisen, die H. Th. Böhme bald nicht nur in der näheren Umgebung unternahm, knüpfte er zahlreiche neue Beziehungen. Ein Ausbau eines Netzwerkes war für das Bestehen und die Erweiterung der Drogenhandlung von immenser Bedeutung. Auf seinen Reisen sprach er durchaus nicht nur mit den Firmeninhabern, ihm war auch die Beziehung zu den „Praktikern“ wichtig. Durch sie erfuhr er, welche Chemiewaren für die Textilherstellung benötigt wurden. Somit wusste er, welche Waren er ein- und verkaufen musste und konnte auf unnütze Geschäfte verzichten. Seine Geschäfte liefen hervorragend, was zur Erweiterung der Räumlichkeiten führte.[4] So investierte der Firmengründer in ein ebenfalls in der Innenstadt gelegenes Grundstück in der Moritzstaße.[5] Das Unternehmen H. Th. Böhme hatte viel Kundschaft von außerhalb gewonnen.
Als Nachteil stellte sich aber der fehlende Gleisanschluss heraus. So mussten sämtliche Waren, Materialien und Rohstoffe per Pferdetransport zu oder von den Bahnhöfen befördert werden. Aus diesem Grund erwarb die Firma 1896 ein Grundstück in Oberlichtenau. Dieses verfügte über einen Gleisanschluss und bot zugleich mehr Platz für die Produktlagerung und für Produktionszwecke.[6] H. Th. Böhme kam, auch nachdem er schwer erkrankt war, fast täglich in das Labor und das Unternehmen, um auf dem Laufenden gehalten zu werden. Er führte bis Juli 1908 seine Firma allein ohne eine Teilhaberschaft. Erst kurz vor seinem Tod mit nur 57 Jahren stellte er seinen Sohn Curt Böh-me als Teilhaber ein. Bis dahin schien er den unverkennbaren Habitus eines Alleinregierenden zu haben.
Der Firmengründer H. Th. Böhme strebte mit Sicherheit zum einen danach, den Einfluss der Familie auf das Unternehmen lange Zeit zu sichern, zum anderen nach Erfolg und Wachstum der Firma. So wurde mit dem Tod H. Th. Böhmes im Jahr 1909 eine Familienaktiengesellschaft gegründet.[7] Diese Gründung erfolgte auf Wunsch H. Th. Böhmes.
Mit der Gründung der Produktehandlung war es H. Th. Böhme gelungen ein chemisches Unternehmen in Chemnitz zu etablieren, welches über 100 Jahre existierte und weltweiten Bekanntheitsgrad erlangen sollte. Doch die hier abgebildeten Gebäude sind heute aus der Innenstadt verschwunden.
Alle Bilder aus der Sammlung Jürgen Eichhorn
Anmerkungen
[1] Vgl. Wehrsdorfer Kirchenbücher im Ev. Pfarramt Wehrsdorf, erhalten durch die freundliche Unterstützung von Peter Pietsch.
[2] Vgl. August, Peter/ Jähne, Armin: Bleichtum und Leinenweberei in Wehrsdorf, in: Stübner, Frank: (Red.): Oberlausitzer Hausbuch 2016, Bautzen 2015, S.141-145, hier S.141ff.
[3] Vgl. Uhlmann, Wolfgang: Chemnitzer Unternehmen während der Hochindustiralisierung 1871-1914, Markleeberg 2018, S.167.
[4] Vgl. Gellendien, Walter: Forschen und Finden – Eine Festschrift zum Gründungstag der Böhme Fettchemie GmbH vor 25 Jahren – Zugleich ein Rückblick auf ihre Vorgeschichte, Düsseldorf 1960, S.16.
[5] Vgl. SächsStA-C 32674 Fettchemie Chronik – Vorgeschichte Böhme Fettchemie.
[6] Vgl. SächsStA-C 32674 Rolf Kaltofen: Vorgeschichte des VEB Fettchemie.
[7] Vgl. StadtAC: HR 6118 Bd.1 Aktiengesellschaft.